k+a 2025.2 : Schlösser und Burgen | Châteaux et forteresses | Castelli e fortezze

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Schlösser und Burgen gehören zum Landschaftsbild der Schweiz – ihre Dichte ist eine der höchsten in Europa, und sie spielen eine wichtige Rolle bei der touristischen Vermarktung unseres Landes.

Eine regelrechte Burgenbauwelle setzte im Verlauf des 12. Jahrhunderts ein. Es entstanden mächtige Symbole der Repräsentation und aussergewöhnliche Wohnsitze. Dies bringt spannende Fragen für die Forschung mit sich: Interessant ist beispielsweise, wie sich die Lage der Herrensitze – frühmittelalterlich im Zentrum von Siedlungen gelegen – von den Dörfern weg in höhere, markante Lagen verschob. Dass viele der Bauten dabei eine landschaftsbeherrschende Stellung erlangten und heute noch Orientierungspunkte sind, zeugt einerseits von Sicherheitsüberlegungen, andererseits aber auch von einem neuen adligen Machtbewusstsein und Selbstverständnis.

Heute können Schlösser und Burgen für ihre Besitzer nicht nur Freude, sondern auch Last sein – vor allem wenn es um ihren Unterhalt geht. Am Beispiel von Schloss Grandson mit seiner fast tausendjährigen Geschichte zeigt Charlotte Gutscher, wie es gelingen kann, identitätsstiftendes Kulturgut lebendig und zukunftsfähig zu erhalten.

Mein Kollege Ferdinand Pajor hat sich mit dem Leben des streitbaren Eugen Probst (1873–1970), eines Burgenforschers der ersten Stunde, auseinandergesetzt und erzählt von dessen Engagement für die Vermittlung der heimischen Kulturlandschaft. Und Thomas Bitterli erinnert anschaulich an das Thema Festungskontinuität und wie sich die Militärstrategen des 20. Jahrhunderts die Lage mittelalterlicher Burgen für ihre Sperrstellen zunutze machten.

 

Dossier 1
Armand Baeriswyl
«Grosse Türme» – Wohntürme, Bergfriede und Donjons
Bemerkungen zu einem baulichen Symbol mittelalterlicher Burgen

Zusammenfassung
Mittelalterliche Burgen sind eine architektonische Neuschöpfung des Adels aus der Zeit kurz vor 1000. Wesentliches Merkmal war die möglichst erhöhte, weithin sichtbare Lage abseits der Untertanen, die durch Turmbauten unterstrichen wurde. Vor allem sie symbolisierten adlige Macht und Herrschaft. Mächtige Wohntürme dominierten die Burgen des 11. und frühen 12. Jahrhunderts, wenn auch oft bereits von breitgelagerten Wohnbauten begleitet. Die grosse Burgenbau-Welle setzte im Lauf des 12. Jahrhunderts ein. Damals entstand auf dem Gebiet der heutigen Schweiz die grosse Masse der Burgen. Sie waren gekennzeichnet durch eine andere Art von Hauptturm, den sogenannten Bergfried, der viel schlanker als die Wohntürme war und aufgrund der fehlenden Ausstattung keinen Wohnzwecken diente, sondern der Wehr- und Symbolbau der Burg war. Er wurde vom Palas, dem breitgelagerten mehrgeschossigen Repräsentations- und Wohnbau, begleitet. Im 13. und 14. Jahrhundert kam es zu Differenzierungen und neuen Kombinationen, bevor nach 1350 die Neugründung von Burgen abbrach und es zu einem eigentlichen Burgensterben kam. Die weiternhin genutzten Burgen wurden zu privaten Schlössern oder landesherrlichen Landvogteisitzen umgestaltet, wobei dabei in Ersteren seit dem 17. Jahrhundert die Türme meist abgebrochen wurden.

 

Dossier 2
Patrick Elsig
Valère et Tourbillon
Un bourg capitulaire fortifié et un château

Zusammenfassung
Valère und Tourbillon – eine befestigte Burgkirche und ein Schloss
Die auf zwei Hügeln über Sitten thronenden Wahrzeichen Valère und Tourbillon, welche die Silhouette des Hauptorts des Wallis prägen, werden oft einfach als Schlösser bezeichnet – und verdienen doch eine genauere Betrachtung. Während Tourbillon ein Schloss ist, das von einem einzigen Herrscher – dem Bischof von Sitten – als Residenz für sich und seinen Hofstaat vorgesehen war, ist Valère der Sitz des Domkapitels von Sitten und bildet gewissermassen einen «Stiftsbezirk». Während dieses normalerweise die Kathedrale innerhalb der Stadtmauern umgibt, wurde Valère aufgrund der lokalen Geschichte und der Topographie zu einem «Stiftsbezirk ausserhalb der Mauern». Die Zusammensetzung des Domkapitels aus Säkularkanonikern – also aus Klerikern der Diözese, die in diese Funktion berufen wurden und keiner Ordensregel folgten – zeigt, warum dieser kleine Ort aus individuellen Unterkünften und Gemeinschaftsräumen rund um eine grosse Kirche besteht, die von einer mit Türmen befestigten Mauer umgeben ist: eine Anlage, die sich von Schloss Tourbillon oder einem Kloster unterscheidet, das Regularkanoniker beherbergt, wie beispielsweise die Abtei Saint-Maurice.

 

Dossier 3
Thomas Biller
Die Wohnturmburgen Bertolds V. von Zähringen
Ein Sonderfall des Burgenbaues um 1200

Zusammenfassung
Die Auffassung, der Bau monumentaler Wohntürme sei in der Zeit um 1200 ein Herrschaftssymbol insbesondere der Zähringer gewesen, muss heute differenziert werden. Einerseits war die Betrachtung der älteren Forschung allzu einseitig auf die Zähringer ausgerichtet, denen man möglichst viele Wohntürme zuschreiben wollte; deswegen wurden andere Bauherren kaum in Betracht gezogen. Als gesicherte Bauten nicht der Zähringer im Allgemeinen, sondern ausschliesslich des letzten Zähringers Bertold V. (reg. 1186–1218) sind heute nur noch Thun, Burgdorf, Bern und Breisach anzusehen. Andererseits sind in vielen anderen Fällen Zweifel angebracht, die auch im weiterentwickelten Stand der Burgenforschung begründet sind. Es wird nämlich immer deutlicher, dass Wohntürme gerade in der Frühphase der mitteleuropäischen Adelsburg, im 11. und 12. Jahrhundert, generell eine wichtige Rolle gespielt haben, so dass die Burgen Bertolds V. nur noch als später Höhepunkt einer weit zurückreichenden Entwicklung erscheinen.

 

Dossier 4
Ferdinand Pajor
Ein Burgenforscher der ersten Stunde
Eugen Probst (1873–1970) – Erinnerungen und Erlebnisse eines Architekten

Zusammenfassung
Eugen Probst (1873–1970), Mitbegründer und langjähriger Präsident der 1927 ins Leben gerufenen Schweizerischen Vereinigung zur Erhaltung der Burgen und Ruinen, ist zweifelsohne eine schillernde und ebenso umstrittene Persönlichkeit, die sich über mehr als ein halbes Jahrhundert mit Verve für die Dokumentation, Restaurierung, Pflege und Vermittlung der heimatlichen Kulturlandschaft einsetzte. Als Redaktionsleiter der Reihe «Die Burgen und Schlösser der Schweiz / Les châteaux et ruines de la Suisse» (Basel 1929–1948) hat er die Wahrnehmung der Burgenlandschaft publikumswirksam geprägt. Der «Burgenvater», wie er sich selbst bezeichnete, verkörperte einen «ganzheitlichen» Ansatz der Heimatschutzbewegung: Als Architekt war er dem Heimatstil verpflichtet und setzte sich – meist rekonstruierend – für den Erhalt des baukulturellen Erbes und für die Landschaftspflege ein. Anhand ausgewählter Dokumente seiner Selbstbiographie wird Eugen Probst unter variierenden Licht- und Schattenwürfen porträtiert.

 

Interview
Valeria Frei
Il Castello Visconteo di Locarno
Intervista all’architetto Chiara Lumia, ricercatrice e curatrice della nuova mostra permanente del Museo del Castello, dedicata ai restauri di Edoarda Berta.

 

Dossier 5
Thomas Bitterli-Waldvogel
Burgen und Bunker
Standortwahl und Festungskontinuität

Zusammenfassung
Beim Bearbeiten des Inventars der Kampf- und Führungsbauten in der Schweiz wurde die Nutzung mittelalterlicher Burgruinen als Standorte für moderne Verteidigungsanlagen während des Zweiten Weltkriegs erkennbar. Bunker und Beobachtungsposten wurden entlang der Rheingrenze vereinzelt in oder nahe bei Burgruinen errichtet, um strategische Verkehrswege zu sichern. Im Konzept der Sperrstellen wird bei der Verteilung die historische Bedeutung von Burgen und deren Lage an wichtigen Verkehrsachsen berücksichtigt. In diesen Sperrstellen waren die Kampfanlagen aber nicht mehr auf die Anhöhen, sondern an Engpässen am Fusse der Burgfelsen platziert, um mechanisierte Vorstösse feindlicher Armeen effektiver zu verzögern. Noch deutlicher wird die Anlehnung an mittelalterliche Vorläufer beim Bau von Geländepanzerhindernissen. In einigen Fällen verläuft das moderne Hindernis mit nur wenigen Metern Abstand zur (spät-)mittelalterlichen Letzi (Befestigungsanlage).

 

Dossier 6
Charlotte Gutscher-Schmid
Von der Freude und der Last, ein Schloss zu besitzen
Aus der Geschichte des mittelalterlichen Schlosses Grandson und zum Museumsprojekt «Grandson 2026»

Zusammenfassung
2026 werden die Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte aus Winterthur SKKG und die örtliche Betreiberstiftung, die Fondation du Château de Grandson FCG, im Schloss Grandson nach dessen umfassender Restaurierung eine neue Dauerausstellung eröffnen. Die SKKG ist seit 1983 Hauptbesitzerin und Mäzenin des Schlosses. Der Beitrag stellt frühere Eigentümer aus der fast tausend Jahre umfassenden Geschichte vor. Während die Vorbesitzer im Schloss mehr oder weniger erfolgreich ihre persönlichen Wünsche und Vorstellungen inszenierten, steht für die beiden Stiftungen heute der Zugang zu einem identitätsstiftenden Kulturgut im Mittelpunkt. Die Besuchenden sollen dadurch zu Beteiligten gemacht werden – denn die Szenographie am Schluss des Rundgangs integriert deren persönliche Ansicht zur Erhaltung und Vermittlung von Kulturerbe.

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Nicole Pfister Fetz, lic. phil. I, Generalsekretärin des European Writer’s Council (EWC) und Präsidentin der GSK
Billet de la présidente
Der Schatz, den es zu bewahren gilt


Aktuell | Actuel | Attuale
Michael Leuenberger
Zwischen den Hügeln von Valère und Tourbillon: eine sommerliche GV in Sitten
Die 145. Jahresversammlung der GSK im Walliser Grossratssaal bot ein vielfältiges Programm an Führungen und viel Raum für persönliche Begegnungen für die von nah und fern angereisten Mitglieder.

 

Publikationen der GSK | Publications de la SHAS | Pubblicazioni della SSAS
Markus Bamert und Marco Sigg
Die Pfarrkirche St. Martin in Schwyz
Das Schicksal der Pfarrkirche St. Martin ist eng verbunden mit der Geschichte des Ortes Schwyz. Mit der Gründung des Fleckens im 8. Jahrhundert wurde eine erste Kirche gebaut. In den kommenden Jahrhunderten benötigte die stets wachsende Bevölkerung grössere Kirchen. Im Jahr 1642 brannte in einer Föhnnacht ein Grossteil des Dorfkerns nieder. In der Folge wurde der grosse Hauptplatz geschaffen, Kirche und Rathaus erhielten dadurch ihre Dominanz, sie sind als Bauwerke von nationaler Bedeutung eingestuft.

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Otto Saxer (1924-2025)
Le 18 avril 2025, 10 jours après son 101e anniversaire s’éteignait Otto Saxer, doyen et ami fidèle de la Société d’histoire de l’art en Suisse.

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Une formation pour la préservation du patrimoine culturel

 

Aktuell | Actuel | Attuale
Künstlerinnen im Fokus
Bis zum 19. Oktober 2025 zeigt Schloss Spiez Werke von Künstlerinnen, beginnend mit der Malerin Marguerite Frey-Surbek (1886–1981), deren enge Beziehung zum Schloss als Ausgangspunkt der Ausstellung dient.

 

Auslandreisen | Voyages à l’étranger | Viaggi all’estero

  • Entlang des Mekong
    Auf der schönsten Route zu verschollenen Tempeln
     
  • Sicilia Divina
    Jahreswechsel, wo sich schon die Götter wohl fühlten

 

Bücher | Livres | Libri
Orangerien und Gewächshäuser in der Schweiz. Architektur für eine exotische Pflanzenwelt im Alpenraum
Jörg Matthies
Orangeriekultur – Schriftenreihe des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e.V., Band 19
Berlin: Lukas Verlag, 2024, 325 S. ISBN 978-3-86732-455-7

 

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Preis
CHF 22.00
GSK-Mitgliederpreis
CHF 16.00
Type:
Buch
Abbildungen
117
Seitenzahl
72
Autoren
Diverse
Artikelnummer
K+A-2025.2
Inhaltssprache
Deutsch
Französisch
Italienisch
Erscheinungsdatum
ISBN
978-3-03797-933-4
Bandnummer
76. Jahrgang, 2.2025
Verlag
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte